Die Zeit für eine fristgerechte Reform der Grundsteuer läuft ab, die Vorstellungen über deren Ausgestaltung gehen jedoch weiterhin auseinander. Welche Handlungsoptionen gibt es aus wissenschaftlicher, politischer und Unternehmer-Perspektive für ein verfassungsfestes und praktikables Modell? Darüber diskutierten heute hochrangige Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft auf der gemeinsamen Sitzung der Fachausschüsse Steuern des BFW Bundesverbandes und des BFW Landesverbandes Bayern in München.
„Mit dem aktuellen Entwurf zur Grundsteuer-Reform verpasst Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht nur eine Gelegenheit zur Steuervereinfachung, sondern schafft zusätzlich die Gefahr von Grundsteuererhöhungen in sowieso schon angespannten Mietwohnungsmärkten“, warnte der Vorsitzende des Ausschusses Steuern und Steuerpolitik im BFW Bayern, Mario Mühlbauer. Durch den vorgesehenen Ansatz von Mietzuschlägen in Metropolen und einem Mindestwert von 75% des Bodenwerts werden Wohnungsbestände in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten benachteiligt. Dies gilt auch andernorts für Bestände, die niedrigere Mieten als die Durchschnittsmieten aufweisen. „Die Förderung bezahlbaren Wohnraums wird dadurch ad absurdum geführt“, kritisierte Mühlbauer. Der Forderung nach einer Abschaffung der Umlagefähigkeit erteilte er eine klare Absage: Schließlich sei das wertunabhängige Flächenmodell eine einfach anzuwendende Alternative.
„Einen Ausweg aus dem Grundsteuer-Streit könnte eine neue Bundeskompetenz mit Öffnungsklausel bieten“, argumentierte Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Universität Augsburg: „Hierfür müsste aber die Verfassung geändert werden. Der Bund könnte die Grundsteuer auf dieser Grundlage neu und sachgerecht regeln. Jedes Land wäre aber zur Vereinfachung des Grundsteuersystems befugt, ein eigenes Grundsteuergesetz in Kraft zu setzen, das an die Stelle des Bundesgesetzes tritt.“
Karlheinz Konrad, Leiter des Referats Grundsteuer im Bayerischen Finanzministerium, skizzierte die Position der bayerischen Landesregierung, die ein wertunabhängiges Flächenmodell fordert. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte jüngst eine „großzügige, weitreichende Länderöffnungsklausel“ gefordert. Die sei nach Rechtsauffassung Bayerns jedoch ohne eine Grundgesetzänderung möglich, so Söder.
Wie die politische Hängepartie beendet und eine verfassungskonforme, praktikable und transparente Lösung aussehen könnte, diskutierten Kirchhof und Konrad anschließend mit Dr. Rudolf Paul (Deloitte GmbH), Christian Birkholz (MAZARS) und dem Fachpublikum.
“Bei der Konzeption eines neuen Grundsteuermodells dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden“, resümierte BFW-Vizepräsident Christian Kube im Anschluss an die Sitzung. „Das Modell muss transparent, nachvollziehbar und einfach zu aktualisieren sein. Denn genau das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil eingefordert! Das Flächenmodell entspricht diesen Kriterien und ist zudem aufkommensneutral: Da sich die Belastung unabhängig vom Wohnort lediglich nach der Größe der genutzten Fläche richtet, werden die Menschen nicht durch automatische Steuererhöhungen belastet. Vor allem aber ist das Flächenmodell verfassungsfest und mit dem geringsten bürokratischen Aufwand verbunden. Damit wird wieder einmal deutlich: Kompetenz zeigt sich in einfachen, nicht in immer komplizierteren Gesetzen!”
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